LISETTE OROPESA über IHR SCHOCKIERENdes BÜHNENERLEBNIS

18. Januar 2024

Rubrik Magazin

Die KI hat keine Chance! Genau das antwortete mir die Sopranistin Lisette Oropesa, als ich sie kürzlich in unserem Interview fragte, was denn für sie die Magie der Oper ausmachen würde.

 

Mit allem hatte ich gerechnet, nur nicht mit dieser Antwort. Immerhin ist die KI in allen nur möglichen Wirtschaftsbereichen auf dem Vormarsch. Viele Berufsfelder wird sie sogar perspektivisch ersetzen können.

Doch wie wird sich dieser digital-invasive Prozess auf das Operngeschehen auswirken?

 

Lange ließ ich mir Lisettes Antwort durch den Kopf gehen. Dabei ist mir eines sehr klar geworden:

Vielleicht kann die KI in einigen Bereichen des Opernbetriebes Arbeitsprozesse effizienter steuern, nicht aber den Gesang, den puren Genuss einer menschlichen Stimme, ersetzen.

 

Das geht nicht, schon allein deswegen nicht, weil eine menschliche Stimme Emotionen transportiert.

Wie aber soll das eine KI bewerkstelligen? Versuche, Musik artifiziell zu produzieren, gibt es schon längst. Gehört habe ich diese noch sehr ungelenken Gehversuche vor einiger Zeit im Radio.

 

Und was soll ich sagen: Man hört den Unterschied auf Anhieb. Eine Stimme ohne Emotionen ist wie ein Leben ohne Inhalt. Dass Lisette Oropesa bei allem, was sie tut, aus dem Vollen schöpft und ihre komplette Gefühlspalette auf den Bühnen der Welt ausbreitet, hört man mit jedem ihrer gehaltvollen und verzaubernden Töne. Genau aus dem Grund will ich nichts anderes als SängerInnen aus Fleisch und Blut auf den Opernbühnen erleben.

 

Was Lisette Oropesa mir im persönlichen Gespräch noch Interessantes zu berichten hatte und warum ihr prägendstes Bühnenerlebnis schockierend war, erfahren Sie in dieser Ausgabe. Seien Sie gespannt!

 

Herzlich Ihre

Nicole Hacke


Kommentare: 2
  • #2

    Herausgeberin Nicole Hacke (Dienstag, 17 September 2024 14:32)

    Lieber Herr Brust,

    für die Menschen, die noch echte Sänger auf der Bühne erlebt haben, wird die KI keinen Mehrwert liefern. Die KI hat kein Bewusstsein, kann keine Emotionen erzeugen. Vor allem aber kann sie keine menschlichen Fehler so produzieren, dass man sie als authentisch wahrnehmen könnte. Sie wird so perfekt, so "flawless" sein, dass sie jegliche Gefühlsregung im Keim der Perfektion erstickt. Und das möchte ich schon mal gar nicht hören. Wenn etwas nicht beseelt klingt, wenn etwas nicht tief aus der Seele heraus an die Oberfläche dringt, nützt mir eine schöne Stimme rein gar nichts. Für Kritiker, die auf Schöngesang setzten, mag diese Perfektion vielleicht stimmig sein. Wir Menschen aber brauchen grundsätzlich eine zwischenmenschliche Resonanz und nicht nur perfekt produzierte Töne. Charakter, Ausdruck, das Transportieren von echten im Moment erlebten und gelebten Gefühlen, so intelligent wird keine KI jemals sein. Dann müsste sie wissen, was sie in der nächsten Sekunde fühlt. Das können wir Menschen oftmals kaum vorhersagen. Plötzlich bricht man, obgleich man es nicht bezweckt hat, in Tränen aus. Eine Maschine, die auf einer mathematischen Formal, auf einem Algorithmus basiert, kann die Schönheit der menschlichen Stimme mit allen "Ecken und Kanten" nicht reproduzieren, zumindest nicht, wenn individuelle Gefühle mit im Spiel sein sollen. Wenn das allerdings zukünftig in unserer eh schon sehr nüchternen Welt keine Rolle mehr spielen sollte, dann mag die KI über die menschliche Stimme siegen. Das wäre dann aber eine sehr, sehr traurige Zukunft für die Musik und den Gesang insbesondere. Absolut nicht erlebenswert, wenn Sie mich fragen.

    Herzliche Grüße
    Nicole Hacke

  • #1

    Mathias Brust (Dienstag, 17 September 2024 12:05)

    Ich bin davon überzeugt, das Musik entweder schon jetzt, wenn nicht aber in recht naher Zukunft, elektronisch so erzeugt werden kann, das kein Mensch den Unterschied hört. Vielleicht kann man sogar mit KI individuelle Sänger*innen so simulieren, das sie selbst glauben, es gesungen zu haben. In Salzburg hat man das mit Asmik Grigorian ausprobiert, und ich würde sagen, Asmik hat die biologische menschliche Stimme noch einmal heroisch verteidigt, aber es wird kommen. Was man so nicht erreichen wird, ist die Kommunikation zwischen Menschen, die Musik so speziell macht. Das ginge nur mit Betrug, nämlich wenn man nicht weiß, das etwas mit KI erzeugt wurde. Daher wird von Menschen Gesungenes hoffentlich nie an Bedeutung verlieren.