Der unwiderstehliche Charme der SemperOper

20. Februar 2023

Rubrik Oper

©Matthias Creutziger / Semperoper

Einen ersten unvergesslichen Eindruck vermittelte mir die Semperoper bereits im Jahr 1994, nämlich als im Fernsehen ein Werbespot der Radeberger Pilsbrauerei den sächsischen Prachtbau in seine goldene Mitte nahm, um dem prickelnd schäumenden Bier eine elegante Bühne zu bereiten.

 

Das Bier so edel und besonders wie der Bau, in dem es implizit verköstigt werden sollte: Mich interessierte damals weder das Bier noch seine intentionale Werbebotschaft.

 

Ich war ganz allein fasziniert von der Pracht und Schönheit des noblen Historienbaus, von dem ich mich visuell mit all seiner architektonischen Ästhetik so dermaßen angezogen fühlte, dass ich mir schon damals schwor, irgendwann einmal als Gast des Hauses einer Opernaufführung beizuwohnen.

 

Es sollte noch einige Zeit ins Land gehen, bis der Zufall es so wollte, dass ich kurz vor Silvester des Jahres 2018 erstmals eine konzertante Operettenaufführung des Walzerkönigs Johann Strauß live vor Ort erleben durfte. Mit von der Partie waren der Weltstar Jonas Kaufmann, die international gefeierte Sopranistin Rachel Willis-Sörensen und ein Jungstar namens Nikola Hillebrand mit herausragend koloratursicherem Auftritt.

 

Ich war begeistert, bewegt und liebte das Haus, die musiküberschäumende Energie und die überwältigende innenarchitektonische Opulenz von der ersten Sekunde an. Ein bauliches Meisterwerk, das Gottfried Semper formschön und zugleich funktionell gestalterisch in mehreren Anläufen anging, denn aller guten Dinge waren im Fall der Semperoper tatsächlich drei!

  

©Klaus Gigga / Semperoper

©Jochen Quast / Semperoper

Von 1838 bis 1841 entstand somit das erste königliche Hoftheater Dresdens, das durch einen verheerenden Brand im Jahr 1869 leider vollständig zerstört wurde.

 

Als Interimsbau nur 6 Wochen später hochgezogen, glich das provisorische Konstrukt zunächst mehr einer Bretterbude als einem prächtigen Opernhaus. Hinzu kam, dass die die Vollendung des finalen Meisterwerks der Baukunst leider noch einige Zeit auf sich warten ließ.

 

Denn während Gottfried Semper aufgrund der Maiaufstände aus Dresden verbannt worden war, musste sein Sohn Manfred für die letztendliche Finalisierung der Semperoper verantwortlich zeichnen. Im Jahr 1878 war es dann endlich so weit.

 

Bis heute zählt die Semperoper, die sich im historischen Altstadt-Zentrum in unmittelbarer Nähe des Zwingers befindet, zu den beeindruckendsten Spielstätten, die mit der Sächsischen Staatskapelle Dresden, dem Semperoper Ballett, der Semperoper Junge Szene und einem Ensemble von Rang und Namen zu den Opernwirkstätten von Weltruf schlechthin zählt.

 

Dass das auch der Komponist Richard Strauss zu schätzen wusste, zeigte seine jahrzehntelange enge Verbindung zu der Stadt Dresden, der Sächsischen Staatskapelle und der Semperoper.

 

Insgesamt neun seiner 15 Opern wurden allesamt in Dresden uraufgeführt. Instrumentalwerke wie beispielsweise die Alpensinfonie wurden sogar eigens für die Staatskapelle komponiert.

 

©Klaus Gigga / Semperoper

©Matthias Creutziger / Semperoper

Seit 1909 veranstaltet die Semperoper sogar in relativ regelmäßigen Zyklen die "Richard-Strauss-Tage" und dokumentiert damit die enge Verbundenheit des alpenländischen Komponisten zu Dresden und der Staatskapelle.

 

Verbunden kann man sich auch als Besucher und enthusiasmierter Operngänger fühlen, denn das Haus, das sich nach den innenarchitektonischen Vorgaben des italienischen Renaissance-Stils richtet, lässt keine Wünsche bei seinen Besuchern offen. Beeindruckend sind daher nicht nur die akustischen Bedingungen im Auditorium, sondern auch die offensichtlich beeindruckenden baulichen Strukturen.

 

Repräsentative Gestaltungsmerkmale, opulente Stuckverzierungen an Mauern und Decken sowie historische Formen, die sich an den Idealen der humanistischen Gedankenwelt orientieren, bilden die Kernelemente des baukunstwerklichen Charakters.

 

Das absolute Prachtstück der Semperoper ist jedoch der Schmuckvorhang, ein handwerkliches Meisterwerk, das 17 mal 12 Meter lang und 400 Kilogramm schwer ist.

 

Von Hand vernähtes belgisches Leinen, das nach alten Techniken mit unterschiedlich gemischten Farben bemalt ist, zeigt Darstellungen griechischer Mythologien, die in minutiöser Pracht im Schmuckvorhang zusammen mit großen Dichtern und Komponisten zu einem fantasievollen Bildnis verwoben sind.

 

2013 wurde der Vorhang nach 30 Jahren gereinigt und restauriert. Die Kosten beliefen sich dabei auf satte 40.000 Euro.

 

©Klaus Gigga / Semperoper

©Matthias Creutziger / Semperoper

©Klaus Gigga / Semperoper

Aus Alt mach Neu: Das gilt auch für den äußerst progressiven Ansatz, den die Semperoper mit moderneren, zukunftsgewandten Opernproduktionen fährt. So zeigte das Opernhaus bereits im März 2022 in Kooperation mit T-Systems eine revolutionäre Premiere mit der Uraufführung einer digitalen, auf künstlicher Intelligenz basierender Oper:

 

"Chasing Waterfalls" beschäftigte sich mit der Frage, inwieweit die künstliche Intelligenz mit der Zukunft gehen darf, was moralisch und ethisch vertretbar und verantwortungsvoll ist und welche Rolle der Mensch im technologischen Zeitalter dabei spielt.

 

Auch diesjährig feiert die Semperoper innovative Inszenierungen, darunter eine choreografische Ballett-Uraufführung. Und was die Oper an Neuerungen nicht vermag, das wird in der Experimentierstätte "Semper Zwei" mit tänzerischen Projekten, wissenschaftlichen Kolloquien und diversen anderen Musiktheaterformaten aufgefüllt.

 

Denn Oper kann so viel mehr sein als das, was es in 400 Jahren auf die Bühnen der Welt gebracht hat. Die Semperoper stellt sich schon jetzt den Anforderungen einer modernen und progressiv denkenden Musikkultur der Zukunft, ohne das historisch gewachsene Operngenre dabei aus den Augen zu verlieren.


©Thies Rätzke - Elbphilharmonie Hafenansicht

DIE ELBPHILHARMONIE: HAUS MIT HANSEATISCHEM UNDERSTATEMENT

Als meine damals 85-jährige Mutter mir Anfang des Jahres 2017 verkündete, sie würde mit einer Reisegesellschaft einen Tagesausflug nach Hamburg planen, um sich das neue Wahrzeichen der Hansestadt anzuschauen...

 



©Wilfried Hösl / Bayerische Staatsoper

DER ZAUBER DER MÜNCHNER STAATSOPER

Wer der Münchner Staatsoper noch nie einen Besuch abgestattet hat, kann sich nicht vorstellen, was für ein Zauber von diesem Prachtbau ausgeht, der zu den ältesten und schönsten Europas zählt. Zudem kann sich das Haus damit brüsten...

 



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