Lise Davidsens urgewaltige Stimme singt Grieg, Strauss und Wagner im Cuvilliés-Theater in München

14. Januar 2022

UNAUFGEFORDERTE WERBUNG

©Wilfried Hösl / Cuvilliés-Theater München

Eine junonische Erscheinung ist die norwegische Sopranistin Lise Davidsen allein schon durch ihre Körpergröße.

 

Doch das sie bei ihrem Liederabend im Münchner Cuvilliés-Theater genauso viel gesangliche Größe an den Tag legt, beweist ihr urgewaltiges Stimmorgan, das ozeanische Registertiefen genauso souverän und technisch perfekt beherrscht wie den trällernd duftigen Schöngesang, der lyrischen Zauber und überraschend spritzige Leichtigkeit in den exponierten Klanghöhen versprüht.

 

Kaum 100 Konzertbesucher füllen an diesem Abend das kleine Theater, das mit knapp 500 Bestuhlungsmöglichkeiten geradezu spärlich besucht scheint.

 

Trotz restriktiver Coronamaßnahmen und der zusätzlichen Sicherheit eines negativen Zutrittstests wirkt die Konzertveranstaltung so intim, als fände sie just in einem kleinen Salon eines überladen aufgerüschten Wohnzimmers statt.

 

Das hat Charme und vielleicht sogar absoluten Seltenheitswert.

 

Mit einer Liedauswahl, in der sich ausgewählte Stücke der Komponisten Grieg, Strauss und Wagner zu einem außergewöhnlich exquisiten Potpourri vereinen, entführt die hünenhaft und sehr bühnenpräsente Sopranistin mit Griegs 6 Liedern Op. 48 in ein klanglich entrücktes Zauberreich.

 

©Wilfried Hösl / Cuvilliés-Theater München

Trolle, Berggeister und flatternde Feengestalten schwingen rein illusorisch in ihrer mehr als wohl timbrierten Stimme mit.

 

So strömen bereits bei "Dereinst Gedanke mein" die vokal farbsatten Töne auf zartschwingenden Flügeln leicht und schwerelos in schier unerreichbare Registerhöhen.

 

Ruhig dahinströmend beeindrucken der lange Atem und die solide technische Stütze, mit der Lise Davidsen eine irisierende Klangpalette schöner als die andere aus dem vokalen Ärmel schüttelt.

 

Mal geheimnisvoll, dann wieder flink und federnd leicht verleiht Davidsen jedem der sechs Lieder eine andere musikcharakterliche Nuance, die ihre einzigartige stimmliche Handschrift trägt.

 

Kaum, dass man sich vom elegant vokalbrillanten "Lauf der Welt" verabschieden muss, erklingt auch schon "Die verschwiegene Nachtigall", die gar nicht so stumm und still, sondern vielmehr neckisch, keck und munter in luftige Tonalhöhen entflieht.

 

Kristallklar und mit einer blumigen Klangfarbe ummantelt, tönt es aus der norwegischen Sängerdarstellerin voller Esprit und purer Lebensfreude nur so heraus.

 

©Wilfried Hösl / Cuvilliés-Theater München

Dass noch mehr gesangliche Facetten in der kühnen Gesangsinterpretin stecken, ahnt man erst, als "Zur Rosenzeit" erklingt.

 

Dramatisch und mit einer nahezu heroischen Dynamik bricht sich die stimmliche Urgewalt Davidsens langsam, aber sicher Bahn.

 

Wie eine Walküre, dramatisch ausdrucksstark und von einer fast kontra-alten Stentorwucht schraubt sich der ambitusreiche Sopran in die unergründlichsten Klangtiefen.

 

Es wird immer lauter, das Forte zum Fortissimo und das wiederum zum Fortefortissimo. Die Dezibel krachen tönend ins Auditorium. Lise Davidsen ist ein stimmlicher Vulkan und vermag es dennoch mit ebenso bezirzenden, lyrisch samtweichen und immateriellen Pianissimi ihr Publikum ins Staunen zu versetzen.

 

Optimal verblendete Registerwechsel, eine ausgewogene, astralklare Stimmführung und diese unverwechselbare geheimnisvolle Klangtiefe verleihen der Sopranistin ein absolutes Alleinstellungsmerkmal.

 

©Wilfried Hösl / Cuvilliés-Theater München

Als im zweiten Programmteil nach Griegs Zyklus Haugtussa Op. 67, Lieder von Richard Strauss den musikalischen Rahmen bilden, wirkt die Stimme der Sopranistin plötzlich schwerfällig und viel zu melodramatisch.

 

So ruht die Seele in "Ruhe meine Seele" nicht, sondern bäumt sich heftigst auf. Die bewegte Musik Strauss treibt die Sängerdarstellerin dazu an, stimmlich weit auszuholen, aus dem vollen Klangvolumen zu schöpfen und mit leicht forcierter Wucht tonal auszuholen.

 

Das steht dem spätromantischen Werk des alpenländischen Komponisten nicht so gut und erfährt leider auch keine Wiedergutmachung in der vom Glück berauschten "Cäcilie".

 

Zu schwer, zu wenig Leichtigkeit! Die vom musikalischen Wesen dieses Liedes eingeforderte blumige Duftigkeit wird knallhart von schweren Vokalbrandungen überlagert, die krachende Klangexplosivität entfalten.

 

Umso erfreulicher gestalten sich Wagners Wesendonck-Lieder, denn sie profitieren insbesondere von der larmoyanten Schwere, der stimmlich dunkel gefärbten Klangfarbe und der leisen Dramatik, die ganz besonders in "Schmerzen" zu vernehmen ist.

 

"Im Treibhaus" zeigt sich eine stimmliche Tristesse, die von freudlos klagender Melancholie geprägt ist.

 

Dagegen hat es der Liedbegleiter Leif Ove Andsnes schwer, sich seiner instrumentalen Vielschichtigkeit raumgreifend zu bedienen, denn diesen füllt Lise Davidsen bereits mit ihrem omnipräsenten Stimmorgan vollends aus.

 

So fügt sich der Pianist in seiner Rolle als instrumental untermalender Gestalter, der den Gesang der statuesquen Norwegerin klangpoetisch unterstreicht.


©CD-Cover Lise Davidsen / DECCA

Auf Lise Davidsens erster CD-Einspielung finden sich in der Mehrzahl ausgewählte Liedvertonungen des alpenländischen Komponisten Richard Strauss wieder.

 

Besonders hervorstechend und von gesanglicher Brillanz sind die vier letzten Lieder, in der die Opernsängerin betörend wie auf einem irisierenden Klangteppich hinfort schwebt.

 

Die lyrische Sopranistin mit ihren multifacettierten Klangfarben zeigt, das ihr das spätromantische Fach nicht nur liegt, sondern dass es ihr nahezu in Fleisch und Blut übergeht.

 

Beseelt, leidenschaftlich und voller vokalsatter Tiefe geht die Norwegerin voll und ganz im Liedgesang auf.

 

©CD-Cover Lise Davidsen / DECCA

Auf der neuen CD-Einspielung der norwegischen Sopranistin interpretiert die raumfüllende Gesangsakrobatin Lieder ihres Heimatkomponisten Edvard Grieg.

 

Begleitet vom Pianisten Leif Ove Andsnes, der sich klangvirtuos dem Gesang unterordnet, gelingt eine lyrisch facettenreiche Liedkompilation des norwegischen Komponisten.

 

In ihrer Strahlkraft besonders auffallend sind die 6 Lieder Op. 48, die Lise Davidsen in deutscher Sprache singt.

 

Diese CD ist ein klangpoetisches Werk für Liebhaber der norwegischen Tonkunst.


©Lise Davidsen / über youtube zur Verfügung gestellt

Lise Davidsen bezaubert mit einer ausdrucksstarken Interpretation von Wagners Wesendonck Lied "Im Treibhaus".


©CD Cover Sony Classical / Gregor Hohenberg

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©CD Cover Sony Classical / Gregor Hohenberg

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