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11. OKTOBER 2019

UNAUFGEFORDERTE WERBUNG

©Nicole Hacke / Operaversum

Der facettenreiche und experimentierfreudige Jonas Kaufmann hat sich auf seiner neuen CD dem Wiener Lied verschrieben und singt mit Schmäh und raunender Stimme ein gut und sorgfälltig ausgewähltes Liedrepertoire aus längst vergangenen, guten alten Zeiten.

 

Als die Welt noch in Ordnung, die Zeit etwas langsamer und gemach voranschritt, meine Mutter mit ihrem Großvater tagelang mit der Pferdekutsche über Land fuhr, als das Leben einfach, überschaubar und unverfälscht romantisch war, wurden die schönsten und süffigsten Wiener Lieder namhafter Komponisten, wie Robert Stolz, Hans May und Ralf Benatzky, um nur einige zu nennen, geboren. 

 

Jonas Kaufmann ist wagemutig, sich dieser Liedgattung so voll und ganz, glaubhaft und sehr überzeugend anzunehmen, denn was er da aus der verstaubten Musikkiste der Vergangenheit hervorkramt, gehört zu dem schönsten Liedgut, dass die Stadt Wien musikalisch zu bieten hat.

 

©Nicole Hacke / Operaversum

Weit über die österreichischen Grenzen hinaus versteht nicht nur der Wiener die Sentimentalität dieses sehr eigenwilligen und speziellen Genres, sondern eben auch alle anderen, die sich als Kinder sonntags die obligatorischen Heimatfilme zusammen mit ihren Eltern anschauten.

 

Schwarz-weiß waren sie meistens, wenn die Schauspieler Paul Hörbiger oder Hans Moser mitspielten. Uralt und mit einem Grundrauschen belegt, waren diese Filme genau das, was ich an ihnen so liebte, inklusive dieser gehauchten, schmalzigen Lieder. A bisserl heile Welt eben, melancholische Seufzer und Weltschmerz-Gefühl!

 

©Gregor Hohenberg / Sony Classical

©Gregor Hohenberg / Sony Classical

Und genau so fühlt es sich auch an, wenn Jonas Kaufmann "Es wird im Leben Dir mehr genommen als gegeben" zum Besten gibt. Intensiv, wie der Rotwein auf der Zunge, tief und samtweich zugleich seufzt der Tenor in seinem Debüt das Wiener Lied.

 

Jauchzen möchte man fast bei dem wunderschönen Hans May Lied: "Heut ist der schönste Tag in meinem Leben".

 

Das Arrangement und die orchestrale Klangdichte sind allerdings sehr auf den Charakter des Wiener Lieds reduziert, fast schon ein wenig zu intim für diese doch sehr ausladende, vor Lebendigkeit sprudelnde Komposition.

 

Es fehlt ein wenig das Herausschmettern, die Höhen, die Legati, die vor überschwänglichem Glück taumelnde Freude. Nach Operette klingt es nicht. Doch auch diese eigenwillige, sehr individuelle Interpretation des populären „Gassenhauers“ ist ein klangliches Genusserlebnis der besonderen Art.

 

©Gregor Hohenberg / Sony Classical

Absolut herausragend hingegen ist Emmerich Kálmáns "Zwei Märchenaugen". Sehr temperamentvoll, feurig und mit der gewissen Prise ungarischen Pfeffers im Arsch blüht Jonas Kaufmann in dieser gesanglichen Rolle so richtig auf.

 

Unbestreitbar kann der Welttenor die Sentimentalität, das Raunen, das Seufzen, die Beschwingtheit der Operette, den Schmäh und den Wiener Dialekt bedienen. Ja, den Dialekt, den beherrscht er ganz besonders gut.

 

Was er mit diesem außergewöhnlichen musikalischen Bonbon zu bewegen vermag, bleibt eine Überraschung, die erst am 14. Oktober 2019 mit dem Auftaktkonzert zu seiner „Mein Wien“ Tourneereihe im Wiener Konzerthaus gelüftet wird.

 

©Gregor Hohenberg / Sony Classical

Sicherlich mag dieser musikalische Exkurs in die Gefilden der wienerischen Liedschmankerln für den einen oder anderen passionierten Klassikfan befremdlich anmuten. Nichtsdestotrotz spiegelt sich in diesem neuen, so anderen musikalischen Werk die Diversität des Ausnahmekünstlers Jonas Kaufmann wider.

 

Versöhnlich sagte ich unlängst zu meiner weniger begeisterten Freundin, die mit diesem Wiener Repertoire so rein gar nichts anfangen konnte: 

 

„Diese Musik trieft wie zuckriger Syrup aus den Ohren. Aber sie läuft Dir so charmant warm und angenehm den Rücken herunter, dass Du Dich ihr nicht wirklich entziehen kannst.“


© Sony Classical

Aktuelle Konzerttermine können auf folgender Website abgerufen werden:

 

www.jonaskaufmann.com


©Wolfram Zöttl / ZDF

eine musikalische liebeserklärung an wien

Wenn es am 14. Oktober 2019 Nacht wird in Wien, dann gehen an einem ganz besonderen Ort die Lichter für selige eineinhalb Stunden an, denn das Wiener Konzerthaus...

 



© Sebastian Madej

in hamburg wienert heut´der kaufmann

Hochachtung! Gesundheitlich angeschlagen meistert der Tenor Jonas Kaufmann bravourös sein Operetten- und Wiener Lied Repertoire und gibt sogar noch zwei Zugaben.

 



© Festspielhaus Baden-Baden

beim abschied singt herr kaufmann leise servus

In der ehemaligen Bahnhofshalle des Festspielhauses in Baden-Baden hoffe ich noch Tickets für das "Mein Wien" Konzert mit Jonas Kaufmann zu ergattern, doch Fehlanzeige!

 



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