eine musikalische liebeserklärung an wien

DAS AUFTAKTKONZERT DER "MEIN-WIEN-TOUR" MIT JONAS KAUFMANN

16. OKTOBER 2019

Rubrik Konzert

©Wolfram Zöttl / ZDF

Wenn es am 14. Oktober 2019 Nacht wird in Wien, dann gehen an einem ganz besonderen Ort die Lichter für selige eineinhalb Stunden an, denn das Wiener Konzerthaus lädt zu einem Event der Sonderklasse ein.

 

Kein Geringerer als Welttenor Jonas Kaufmann gibt an diesem lauen, fast sommerlichen Abend sein Auftaktkonzert mit Operetten Evergreens und Wiener Liedern.

 

An seiner Seite singt die unvergleichliche Rachel Willis Sörensen, die bereits im Dezember 2018 an der Semper Oper in der konzertanten Inszenierung der Fledermaus von Johann Strauss neben Herrn Kaufmann in der Rolle der Rosalinde brillierte.

 

Die Programmauswahl ist vielversprechend und enthält neben den bekannten CD-Einspielungen Strauss Ouvertüren, Walzer und Polka Arrangements, die von der Prague Philharmonia unter der Leitung des Dirigenten Jochen Rieder zum Besten gegeben werden.

 

©Wolfram Zöttl / ZDF

©Wolfram Zöttl / ZDF

den auftakt macht die operette

Langsam füllt sich der Konzertsaal und es scheint so, als ob diesmal nicht die Welt zugegen wäre, sondern allein die Wiener die Exklusivrechte auf Herrn Kaufmann erhoben hätten. Von überall, aus sämtlichen Reihen, erklingt der unverkennbare typische Wiener Dialekt.

 

Noch summt es, wie in einem Bienenstock. Doch mit der ersten Ouvertüre aus der Operette "Eine Nacht in Venedig" wird es urplötzlich ganz ruhig im Saal und gebannt lauscht das Publikum den barauschenden Melodien des Walzerkönigs Johann Strauss.

 

Als Jonas Kaufmann dann die Bühne betritt, im Frack, ganz gediegen und dezent, lässt sich leicht erahnen, dass die erste Konzerthälfte wohl mit Operettenliedern gefüllt sein wird. Nur so recht wienerisch will es anfänglich nicht werden.

 

©Wolfram Zöttl / ZDF

©Wolfram Zöttl / ZDF

Nach der "Nacht in Venedig" kommen die "Rosen aus dem Süden" und bis man dann endlich in Wien angekommen ist, ja, da feiert man bereits mit der lieben Rosalinde Silvester.

 

Und dabei lässt man sich dann noch bei einem unmissverständlichen Flirtversuch die Taschenuhr von der Angebeteten wegluchsen. Ja, ja, die Fledermaus!

 

Mit dem Uhrenduett kommt, ticktack...ticktack, Herr Kaufmann so richtig in Schwung. Es klingt leicht, heiter und beschwingt, wenn Kaufmann und Sörensen miteinander singen.

 

Kokettierend schaukeln sich beide darstellerisch und gesanglich brillant in schwindelerregende, fast ekstatische Höhen. Da bleibt einem doch glatt die Luft weg!

 

Noch mehr brodelt es im Saal, als beide Interpreten im Duett vom Wiener Blut singen, das zu recht voller Schwung, voller Schmiss und voller Glut ist.

 

Allzu gerne möchte man sich im Walzertakt mit wiegen. Doch diese tänzerische kurzweilige Einlage bleibt nur den beiden Künstlern auf der Bühne vorbehalten.

 

©Wolfram Zöttl / ZDF

©Wolfram Zöttl / ZDF

©Wolfram Zöttl / ZDF

und nun die wiener schmankerln

"Es geht sich wirklich gut aus“ und noch besser wird es, als nach der Pause die eigentlichen Wiener Schmankerln erklingen.

 

Fast lässig und unverschämt verschmitzt singt Jonas Kaufmann ein Schmählied nach dem anderen - und das mit einer unverblümten "Nonchalance", die auch nur ein Mensch aufbringen kann, der sich der Vielseitigkeit und des Facettenreichtums mühelos bedient.

 

Da stört es auch nicht, dass Herr Kaufmann für wenige Sekunden seinen Text vergisst und einfach weitersummend den kleinen Aussetzer gekonnt überspielt.

 

Im Gegenteil: Es wirkt umso charmanter und authentischer. Dialektisch astrein taut der stimmgewaltige Tenor immer mehr auf, löst sich aus seiner steifen Tenorattitude und wird zum Sänger des volkstümlichen Wiener Lieds, wohl auch, weil Frack und Fliege, Anzug und Schlips gewichen sind.

 

©Wolfram Zöttl / ZDF

©Wolfram Zöttl / ZDF

Intim wird der Gesang, ohne Allüren, ohne die Stimmgewalt, die beweisen muss, was sie kann und wozu sie befähigt ist. Es überwiegen die Emotionen, die mit jeder Note, mit jedem geraunten Wort samten und sentimental über die Lippen des Tenors gleiten.

 

Das Wiener Lied und Herr Kaufmann: eine scheinbar innige Freundschaft, die aus tiefer Verbundenheit zueinander gewachsen ist, symbiotisch fast.

 

Als „In einem kleinen Café in Hernals“ erklingt, scheint sich die zermürbende Hektik des Alltags endgültig im Konzertsaal aufzulösen.

 

Die warme eingängige Melodie und der fast einlullende Gesang von Jonas Kaufmann breiten sich wie eine kuschelige Decke über den Seelen der fast 2000 Zuhörer aus und zaubern dem Publikum ein erheitertes, glückseliges Lächeln auf die Lippen.

 

©Wolfram Zöttl / ZDF

Getoppt wird das Ganze nur noch von der gepfiffenen Einlage, die so gekonnt und brillant daherkommt, dass man an Ilse Werner´s unübertreffliche „Pfeif -Akrobatik“ erinnert wird.

 

Wie aus einer anderen Welt, erscheint auch die Solo-Einlage von Rachel Willis Sörensen, die das Vilja Lied aus der Operette "Die lustige Witwe" so beseelt und beinahe entrückt darbietet, dass einem das Herz abrupt stehen bleiben will. Mittlerweile tobt das Auditorium.

 

donnernder applaus, eine auszeichnung und bissige sentimentalität zum schluss!

Immer mehr Bravo-Rufe, donnernder Applaus und unhaltbare Freude werden hörbar. Von Lied zu Lied steigert sich die überschäumende Begeisterung der Wiener.

 

Es scheint kein Ende zu haben. Fünf Zugaben erobert sich das Publikum mit tosendem, nicht verebben wollenden Beifall.

 

Bei Hans Mays „ Heut´ ist der schönste Tag in meinem Leben“ hört man es aus den Reihen leise mitsingen. Im Rhythmus klatscht das enthusiastische Publikum die letzten Takte sogar noch mit.

 

Keiner will Jonas Kaufmann gehen lassen. Am liebsten sänge er die ganze Nacht durch, so der O-Ton einer Sitznachbarin.

 

© Nicole Hacke / Operaversum

Ausgezeichnet mit einer besonderen Ehrung, dem „Wiener Stadtmann“, der Jonas Kaufmann zum Schluss des Konzertes vom amtierenden Wiener Bürgermeister überreicht wird, endet die Premiere zur „Mein Wien“ Konzertreihe, die unübertrefflicher nicht hätte sein können, mit dem Lied“ Der Tod muss doch ein Wiener sein“.

 

Doch wie könnte es anders sein, als dass sich Herr Kaufmann dabei nicht noch ein kleines „Sähnehäuberl“ für den Abschluss überlegt hätte.

 

Nur am Klavier von Jochen Rieder begleitet, stimmt Kaufmann den Kreisler Gassenhauer an. Dabei ist die Stimmung erfüllt von bissiger Sentimentalität.

 

Was für ein schöner Abend, der so beschwingt, heiter und mit einem Extra-Bonbon ausklingt.

 

Und was bleibt, ist allein die laue Nacht und die Tatsache, dass Wien auch erst dann, erst dann so richtig schön wird!


© VEVO / Jonas Kaufmann

Tourdaten können auf der offiziellen Website von Jonas Kaufmann abgerufen werden.

 

Website: www.jonaskaufmann.com

 

Dokumentation mit Ausschnitten aus dem Wiener Konzert am:

 

15. Dezember 2019 im ORF

(Erlebnis Bühne mit Barbara Rett)

22. Dezember 2019 auf ARTE


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