jonas kaufmann singt wiener lieder im theater im park

PERSÖNLICH, AUTHENTISCH, EINZIGARTIG

31. AUGUST 2020

UNAUFGEFORDERTE WERBUNG

©G.I Stingl Klaviere / Wiener Liederabend im Theater im Park - Wien

Eine laue Sommerbrise streift durch den Privatgarten des Palais Schwarzenberg, die Grillen zirpen ohne Unterlass ihre einlullend monotone Melodie, und neben meinem Sitzplatz steht zur Erfrischung ein Kübel mit eisgekühltem Schlumberger Sekt.


Fast glaube ich, meine Anwesenheit in diesem von hochgewachsenen Platanen durchzogenen Park zu träumen, wären da nicht die vielen Menschen um mich herum, die aufgeregt lautstarke Wortsalven in die lauwarme Sommernacht abgeben.


Die konzertante, sehr intime Veranstaltung unter freiem Himmel, die heute knapp 1200 Gäste in das seit Juli existierende Theater im Park anlockt und der auch ich seit Wochen in freudiger Erwartung entgegengefiebert habe, ist musikalisch hochgradig ansteckend.


Kein anderer als der Münchner Tenor Jonas Kaufmann versteht es so ausgezeichnet, sein Publikum im Nu mit dem "Kaufmania-Virus" und ganz besonders mit seinem tenoral unverwechselbaren Gesang zu infizieren. Nur mit dem kleinen, aber feinen Unterschied, dass dieses ganz spezielle, sehr resistente Virus das menschliche Immunsystem nachhaltig stärkt.

 

©Markus Wache / Theater im Park Wien

Die Corona-Krise hingegen kann für den heutigen Abend ihre sieben Sachen packen und getrost nach Hause gehen, denn bereits vor Veranstaltungsbeginn zeichnet sich eine beseelte, glückselige Stimmung unter den Konzertbesuchern ab, die unisono eine höchst gesunde Portion immunstarker Glücksgefühle in die Atmosphäre versprühen.


Vitamin-Dur heißt wohl die Kur, für die wir uns alle heute ein Rezept ausgestellt haben. Was kann da wohl noch schief gehen?


Sportiv lässig, mit aufgeknöpftem Hemd und dem Schalk im Nacken stimmt Kaufmann sein Publikum im ersten Drittel des Abends auf Richard Strauss alpenländische Klassik ein.
Überladende, schwermütige und melancholische Ernsthaftigkeit steht heute nicht auf der musikalischen Speisekarte. Dafür enthält das klassische Schmankerl-Angebot eine unkonventionelle Melange aus einem waschechten, gut abgestimmten Wiener Liedgut-Repertoire und süffigen Operetten-Evergreens, die wohl jeder kennt und sofort mitsummen kann.


Nur ein Herr Kaufmann scheint nicht ganz so textsicher zu sein. Und so kommt es, dass, hoppla, sich der Tenor der Herzen bei „Draußen in Sievering“ a bisserl verhaspelt und prompt aus dem Text hinaus holpert. Der Gesang reißt ab, die eigene Verwunderung darüber ist groß. Und nun?

 

©Marcia M. / ORF Interview im Theater im Park mit Jonas Kaufmann - Video über Youtube zur Verfügung gestellt

Hochgradig amüsiert und über sich selbst lachend, gelingt es Kaufmann, wie immer, sein kleines Malheur mit den verschmitzten Worten: „Ich hab doch noch gar keinen Wein getrunken.“, humorvoll zu überspielen.


Die Lacher im Publikum sind mit ihm, die Sympathien sowieso ganz auf seiner Seite. Nachdem der zweite Anlauf gelingt und sich der Abend auch sonst in einem vokalschönen Fluss befindet, erklingt eine Melodie nach der anderen und zudem herrlicher als die andere.


Auf Du und Du mit dem Wiener Lied, so intim, so privat, so authentisch präsentiert sich Kaufmann völlig gelöst, frei und ungezwungen mit beiden Händen tief in den Hosentaschen vergraben. Noch nicht einmal auf seiner „Mein- Wien-Tournee“ kam diese tiefenentspannte, nonchalante Facette des Künstlers annähernd ausgeprägt zum Vorschein.


Doch diesmal stellt vor allem sein komödiantisches Talent, seine Gabe für Dialektik und Schauspiel und sein unwiderstehlich samtig weicher Klangschmelz alles bislang gehörte bei weitem in dem Schatten. Jonas Kaufmann „peteralexandert“, so eindeutig charmant und bonvivant, dass man sich mit geschlossenen Augen leicht in eine Kindheitserinnerung zurückversetzen kann, die eine heile Weltstimmung und Paul Hörbiger Filme in schwarz-weiß Nostalgie aufkommen lässt.


Extrem ausdrucksstark, mal geraunt, mal gesummt, stellenweise auch gesprochen, erzählt Kaufmann singend jedes Lied wie eine Geschichte. Man möchte nicht aufhören, ihm dabei zuzuhören. So könnte es die ganze Nacht weiter gehen.

 

©Nicole Hacke / Programm Liederabend Jonas Kaufmann & Helmut Deutsch

Apropos Geschichten!


Von der Plauderlaune mitgerissen, begrüßt Kaufmann sein Wiener Publikum untypischerweise direkt im Anschluss an das Richard Strauß Repertoire und bekundet schwärmerisch seine Freude über die schöne Parkanlage und die gelungene Umsetzung der erst kürzlich eröffneten Freiluftbühne.


Dabei schwingt aufrichtige Dankbarkeit über einer dieser wenigen, aber besonderen Live-Auftritte mit.


Mit der Dämmerung und der herannahenden Dunkelheit erleuchten langsam die Lichtergirlanden im Park und tauchen auch die Freiluftbühne in eine royalblaue „Grotte“, die von den Scheinwerfern angestrahlt, unwirklich und geheimnisvoll erscheint.


Heurigenatmosphäre kommt auf, die sich auch dann nicht vertreiben lässt, als die Operettenklassiker das Wiener Lied ablösen. Ohne dicke Orchestrierung, aber mit einem Arrangement für Klavier, das sich hören lässt, erfährt die Operette einen erfrischend leichten Liedcharakter.

 

©Markus Wache / Theater im Park Wien

Kaufmann mutiert zum Chansonnier, die Bühne zu einem Tanzsalon und der musikalische Rahmen schrumpft nun immer mehr auf die Größe eines intimen Tête-à-Tête zwischen Gesang und Klavier.


Persönlich, charakterstark und facettenreich wie noch nie, entwickelt sich dieser Abend zu einem musikalischen Buffet der Superlativen, bei dem einen die Augen und vor allem die Ohren übergehen.
Drei Zugaben, die von Herzen kommen und so gut wie sicher von Herrn Kaufmann bewusst selektiert wurden, schließen den Wiener Liederabend stilvoll ab und machen ihn dabei zu einer ganz großen Emotion.


Das Überraschungsmoment mit dem Gassenhauer „Wenn der Herrgott nit will“, trifft die aktuelle Gesellschaftslage, trifft ins Schwarze, berührt und rührt zu Tränen.


Mit einem lachenden und einem weinenden Auge verlasse ich das Areal, nachdem ein raunendes letztes Servus die Lippen des Tenors verlassen hat.

 

©ORF Fernsehen / über Youtube zur Verfügung gestellt


 

Das Theater im Park mit seiner neuen Wiener Freiluftbühne bietet seit Juli 2020 ein vielfältiges Programm, bei dem auch der klassische Musikgenuss nicht zu kurz kommt.

 

Wer den Wiener Liederabend mit Jonas Kaufmann am  24. August 2020 nicht live miterleben konnte, kann sich für den 13. September 2020 noch Karten besorgen.

 

Die lauschige Stimmung unter freiem Himmel und das  musikalisch untermalende Grillengezirpe machen dieses "Outdoor-Event" zu einem ganz besonderen Highlight in einer Zeit, die kulturelle Vielfalt immer stärker unterbindet.

 

Das Theater im Park in Wien ist eine fantastische Option, noch bis Ende September Unterhaltung, Musik und Theater hautnah zu erleben.

 



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