Endlich! Parsifal Live-Aufnahme der Wiener Staatsoper mit Jonas Kaufmann am 1. März 2024 in den "plattenläden"

12. Dezember 2023

Rubrik CD Tipps & Literatur

©Michael Pöhn /Wiener Staatsoper / Sony Classcal

Sensationell, dass dieses letzte Meisterwerk des Komponisten Richard Wagner endlich mit Jonas Kaufmann als Live-Aufnahme der Wiener Staatsoper in die "Plattenläden" kommt. Am 1. März 2024 ist es so weit und die Freude darüber enorm groß.

 

Über die damalige Inszenierung des russischen Regisseurs Kirill Serebrennikov schieden sich haarspalterisch die Geister. Kaum einer fand sie gelungen, logisch oder gar dem Werkgedanken dienlich.

 

Doch bei all der vernichtenden Kritik, die sich die inszenatorische Gestaltung gefallen lassen musste, blieb die Musik eindrücklich hängen. Und das vor allem, weil große Namen die Bühne mit ihrem herausragenden Gesang beehrten, darunter neben Jonas Kaufmann, Elīna Garanča, Ludovic Tézier, Georg Zeppenfeld und Wolfgang Koch.

 

Ein Dream-Team Sondergleichen. Stimmen, die man immer wieder gerne hört, ganz besonders in dieser außergewöhnlichen Konstellation, noch dazu bei einem Werk, das Wagners kompositorischen Höhepunkt so bezeichnend markiert.

 

Parsifal war seine letzte Oper, besser gesagt, ein Bühnenweihfestspiel, das mit tiefenpsychologischer Strahlkraft punktet und in ebenso sphärische Klangwelten entrückt seinen Zuhörern rauschhafte Musikmomente von transzendenter Schönheit beschert.

 

Völlig unabhängig von jeglicher Inszenierung, sei sie nun gut oder schlecht, verständlich oder konfus:

 

Die Musik Parsifals kann man auch unbedenklich ohne visuelle Reize genießen. Das Werk spricht musikalische Bände, lässt bewegte Bilder vor dem inneren Auge entstehen und entfacht problemlos die imaginäre Vorstellungskraft.

 

Sicherlich eignet sich nicht jede Inszenierung für einen Live-Mitschnitt. Doch mit solch prominent besetzter Cast kann diese CD-Einspielung eigentlich nur ein voller Erfolg werden.

 

 

Bühnenweihfestspiel Parsifal / Komponist Richard Wagner

Inszenierung: Kirill Serebrennikov

Produktion: April 2021

 

Dirigat: Philippe Jordan

Orchester: Chor und Orchester der Wiener Staatsoper

 

Interpreten:

Parsifal: Jonas Kaufmann

Kundri: Elīna Garanča

Gurnemanz: Georg Zeppenfeld

Amfortas: Ludovic Tézier

Klingsor: Wolfgang Koch 


Aufregend und kontrovers: PARSIFAL MIT JONAS KAUFMAN UND ELĪNA GARANČA AN DER WIENER STAATSOPER

12. Dezember 2023

Rubrik Oper

©Michael Pöhn /Wiener Staatsoper

Wagners Meisterwerk Parsifal, das sich in einer fulminanten Neuinszenierung an der Wiener Staatsoper als aufregender, sündiger und zum Teil verstörend spannungsgeladener Befreiungsthriller entpuppt, sorgt für provokativ frischen Wind mit tiefenpsychologischer Strahlkraft.

 

In die Moderne katapultiert zeichnet der in Bewährungshaft befindliche Regisseur Kirill Serebennikow verantwortlich für die polarisierende Inszenierung, die Parsifal aus der Mottenkiste eines religionsphilosophischen Bühnenweihfestspiels hervorholt und auf das Podest menschlicher Verfehlungen stellt, immer in Wechselwirkung mit der Frage nach den theologischen Tugenden.

 

Dabei spielen Glaube, Liebe und Hoffnung, die spirituellen Säulen des Lebens, eine übergeordnete Rolle und bilden die Kernbotschaft der musikalischen Erzählung, die sich untypischerweise zwischen kahlen Gefängnismauern hinter kalten Gitterstäben wiederfindet.

 

Mit kinematografischen Sequenzen versetzt, vermengen sich Nahaufnahmen von düster dreinschauenden Gefangenen, religiösen Symbolen, Landschaftsaufnahmen und dem immer wiederkehrenden Bild einer orthodoxen Kirche mit dem aktiven Handlungsgeschehen auf der Bühne.

 


©Wiener Staatsoper / Über Parsifal / Jonas Kaufmann

"Sein Schicksal muss man selbst in die Hand nehmen", sagt Jonas Kaufmann. Parsifal ist ein Werk, mit dem man sich über die Jahre immer intensiver auseinandersetzt, auch mit dem Schicksal, das Parsifal ereilt. Ob man dadurch Brücken zum eigenen Leben baut? Wagners Meisterwerk regt zumindest dazu an.

 

Ja, man kann und muss sogar sein Schicksal in die eigenen Hände nehmen. Ob man es dann auch lenken kann, ist eine andere Sache. Woher kommen wir und wohin gehen wir? Und was macht eigentlich ein gelungenes und sinnerfülltes Leben aus!

 

Diese substanziellen Sinnfragen bilden das grundlegende Fundament unseres Seins. Und Parsifal ist dabei der philosophische Stein, der unsere Gedankenlawine ins Rollen bringt. Ein großartiges Werk. 

 

©Marcia M. über youtube zur Verfügung gestellt

In einem Interview mit Teresa Vogl lässt Jonas Kaufmann uns Einblicke in die Neuinszenierung des Parsifal gewähren. Dabei thematisiert er die Bedeutung der Rolle, die er über die Jahre ausgefüllt und in verschiedensten Inszenierungen verkörpert hat und an der er offensichtlich mit zunehmender Reife gewachsen ist.

 

Als Macher, aktiv und präsent auf der Bühne, fühlt er sich in der Doppelrolle, die er sich mit seinem Schauspielerkollegen Nikolay Sidorenko teilen muss, nur bedingt wohl, da sich Passivität auf der Bühne nur schwer spielen lässt.

 

Der Erlösungsgedanke als besonderes Momentum der Geschichte Parsifals erlebt Kaufmann als eine musikalisch transzendente Erfahrung, die so magisch, klar und verdichtet daherkommt, dass man dem Erlösungsgedanken hingebungsvoll verfällt.

 

©Marcia M. über youtube zur Verfügung gestellt

Sängerin per Zufall: So nahm der Werdegang der lettischen Mezzosopranistin seinen Lauf. Sich in vielen Bereichen ausprobierend, angefangen mit der Schriftstellerei, dem Verkauf von Möbeln bis hin zur Schauspielerei kristallisierte sich relativ schnell heraus, dass das Schicksal ihr eine Karriere als Sängerin vorbestimmt hatte.

 

In der Rolle als Kundry, die neues Terrain für Garanča darstellt, zeigt die Lettin gemeinsam im Team, wie dieser undefinierbare Charakter, der wenig fassbar, aber sehr formbar und interpretatorisch vielschichtig ist, in dieser polarisierenden Neuinszenierung zum Leben erweckt werden kann.


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