das 69. Ljubljana Festival mit Jonas Kaufmann als i-Tüpfelchen

12. August 2021

UNAUFGEFORDERTE WERBUNG

©Ljubljana Festival 2021 / Jonas Kaufmann

Feierte der Startenor Jonas Kaufmann noch im letzten Jahr sein konzertantes Debüt in der slowenischen Hauptstadt Ljubljana, so kehrt er just am 11. August 2021 zum Auftakt des 69. Ljubljana-Festivals zum zweiten Mal zurück in die historische Kulturperle - dieses Mal mit italienischen und deutschen Opernarien im Gepäck.

 

Während das sommerliche Gute-Laune-Wetter im Vorjahr mit Beständigkeit punktete und den Freiluftfanatikern Konzertgenüsse unter einem strahlenden Sternenhimmel beschied, so müssen sich der Tenor und sein Publikum am heutigen Abend mit dem Cankar Center in Laibach begnügen, denn Schuld an dieser kurzfristigen Verlagerung des Standorts ist allein das miserable Wetter.

 

Durchwachsen und so gut wie fünf Mal täglich zwischen Sonnenschein und Regenschauern changierend, lässt sich der Herrgott leider nicht bitten, ausnahmsweise an diesem Tag für Gutwetterlaune zu sorgen.

 

Doch die gute Laune hebt sich an anderer Stelle ganz von alleine. Mit einer exquisiten Auswahl arioser Gaumenfreuden wird der zum Glück nicht ins Wasser fallende Abend zu einem unvergesslichen Ereignis, das einem die Sonne zumindest im Herzen aufgehen lässt.

 

©Ljubljana Festival 2021 / Jonas Kaufmann

©Ljubljana Festival 2021 / Jonas Kaufmann

Auch wenn die Zusammenstellung des recht konträr gewählten Opernrepertoires aus Verdi und Wagner Klassikern verwundert, so spiegelt sich in ihr die eindeutige Schwäche des Münchner Tenors für das deutsche Heldenfach wider, das ihn seit seiner frühen Jugend immer schon fasziniert und bis dato begleitet hat.

 

Zum Warmwerden allerdings startet der Tenor im ersten Programmteil mit eingängigeren Arien aus dem Land, wo die Zitronen blühen. Verdi, Leoncavallo und Ponchielli stehen auf dem musikalischen Speiseplan, der Lust auf noch viel mehr "Dolce Vita" und Singsang-Leichtigkeit macht.

 

Selten gesungene Arien wie "La vita è inferno" aus Verdis "La forza del destino" bereichern den genreübergreifenden musikalischen Rundumschlag aus romantischen Opern und Verismo-Klassikern ebenso wie die vielgesungene Arie "Vesti la giubba" aus Leoncavallos Verismo-Oper Pagliacci

 

Mit Cielo è mar wird es plötzlich mucksmäuschenstill im Publikum. Zartschmelzend intoniert erklingt der erste Ton. Weich, fast wie ein Hauch von nichts, verebbt die kurze Phrase des "Cielo è mar" im Auditorium.

 

Leise, leise und so sanft, dass man den Atem anhalten will, nur um nicht einen einzigen Ton des Stimmakrobaten zu verpassen, lauscht man hingebungsvoll den nahezu ätherischen Wohlklängen, die sich sprudelnd leicht sogleich in der Atmosphäre auflösen.

 

©Ljubljana Festival 2021 / Jonas Kaufmann

©Ljubljana Festival 2021 / Jonas Kaufmann

Ist Jonas Kaufmann ein Beschwörer oder gar ein Dompteur der leisen Töne? Ganz in sich verloren und eins mit seiner Stimme, die seine Emotionen so unglaublich "klangbar" macht, erlebt man eine Vokalkunst des reduzierten Gesanges, die nicht wahrhafter, reiner und inniger sein könnte.

 

Nur wenn das Temperament mit Herrn Kaufmann einmal durchgeht, dann kann das Vokalinstrument des Ausnahmetalents auch mal feurig laut in allen nur vorstellbaren Klangfacetten und Schattierungen tönen.

 

Italien ist, wo Kaufmanns Sehnsucht nach dem süßen Leben geweckt wird und seine Liebe zur Musik eine absolute Potenzierung erfährt. Da kann dann auch schon mal das Temperament mit "Signore Tenorissimo" durchgehen.

 

Nachdem mit "Vesti la giubba" nunmehr die Leichtigkeit des ersten Konzertteils verklingt, stürmt es mit Wagners "Walkürenritt" orchestral umso heftiger tobend und aufbrausend in die zweite Hälfte des Abends.

 

©Ljubljana Festival 2021 / Jonas Kaufmann

©Ljubljana Festival 2021 / Jonas Kaufmann

Unter dem Dirigat von Jochen Rieder verlautbart sich das RTV Slovenija Symphonie Orchester etwas schwerfällig und blasmusiktechnisch zu forciert, was durch die Taktstockführung des Kärntner Benjamin Ziervogel beim Intermezzo aus „I Pagliacci“ wie auch beim „Tanz der Stunden“ von Ponchielli mit tänzerisch luftiger Leichtigkeit bereits zu Beginn der konzertanten Veranstaltung locker wettgemacht wurde.

 

Vielleicht aber liegt es auch an der italienischen Beschwingtheit, die sich orchestral deutlich leichter zu Buche schlägt als ein ernsthaftes Wagner-Repertoire es jemals können wird.

 

Es sind auf jeden Fall die schweren Brocken der tenoral heldenhaften Sahneschnitten, die im weiteren Verlauf des Abends den roten Programmfaden weiterspinnen.

 

Doch damit tritt auch ein ganz anderer, viel ernsterer Kaufmann zum Vorschein.

 

©Ljubljana Festival 2021 / Jonas Kaufmann

©Ljubljana Festival 2021 / Jonas Kaufmann

©Ljubljana Festival 2021 / Jonas Kaufmann

Mit klarer Linienführung, astralreinem Klang, wohl austariertem Timbre, pinpoint phrasierter Schärfe und einer vokalen Strahlkraft schwingt sich die schokoladensatte Tenorstimme in rauschend transzendente Höhen. Messerscharf durchdringen die exponierten Höhen die geballte Wucht des mehr als 100 Dezibel starken Orchesters, über das Jonas Kaufmann mit athletischer Ausdauer problemlos hinwegsingen kann.

 

Kraftvolle, samtweiche Tiefen - nuanciert, ausbalanciert, besonders betörend und dennoch raumgreifend, machen Kaufmanns facettenreiche Stimme zu einer "Wahnsinnsstimme".

 

Höhepunktreif schrauben sich die Superlativen bis weit in Wagners "Fernes Land". Die Gralserzählung ist das absolute i-Tüpfelchen und sorgt für frenetischen Applaus und nicht verebben wollende Standing Ovations, die nur noch durch weitere vier Zugaben aufgelöst werden können.

 

Mit "Wien, Wien, nur du allein", verklingt ein musikalisch glanzvoller Abend, der den Sternenhimmel kaum hat vermissen lassen.

 

©Ljubljana Festival 2021 / Jonas Kaufmann


© Marcia M. Lubiljana Festival 2021 über youttube zur Verfügung gestellt

Konzertausschnitte und ein Interview mit dem Tenor der Tenöre Jonas Kaufmann sind in den jeweiligen Kurztrailern abrufbar.

 

© Marcia M. Lubiljana Festival 2021 über youttube zur Verfügung gestellt


©Werner Kmetitsch

Tosca Herzschmerz mit Jonas Kaufmann in Graz

Unter freiem Himmel lauschig eingepfercht zwischen den Kellergewölben der heutigen Kasematten der Grazer Schlossbergbühne...

 



©Nagy Attila / Eiffel Art Studios Park Budapest

Jonas Kaufmann arios unterwegs im Eiffel Art STudios Park in Budapest

Seit 2013 hatte das ungarische Publikum keine einzige Arie aus dem Munde des deutschen Tenors Jonas Kaufmann live & unplugged zu hören bekommen.

 



©arenadiverona

Jonas Kaufmanns unvergessliche Premiere in der Arena di Verona

Strahlend leuchtet der Halbmond am dunkelblauen Nachthimmel über der Arena di Verona, so als ob man ihn mit einer Lampenschnur...

 



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